Verratene Vermächtnisse

Andreas Petersell am 24.11.2017

Milan Kundera setzt in seinem Essay-Band Verratene Vermächtnisse die Latte sehr hoch, oder er teilt die Romane nur anders ein?

Der größte Teil der heutigen Romanproduktion besteht aus Romanen, die außerhalb der Geschichte des Romans stehen: Beichten in Romanform, Reportagen in Romanform, Abrechnungen in Romanform, Autobiographien in Romanform, Indiskretionen in Romanform, Denunziationen in Romanform, politische Lektionen in Romanform, Todeskämpfe des Vaters in Romanform, Todeskämpfe der Mutter in Romanform, Entjungferungen in Romanform, Entbindungen in Romanform, Romane ad infinitum, Romane, die nichts Neues sagen, keine ästhetischen Ansprüche haben, keine Veränderungen bringen, weder für unser Verständis für Menschen, noch für die Form des Romans; sie gleichen einander und sind morgens perfekt konsumierbar; abends perfekt wegwerfbar.

— Milan Kundera
Verratene Vermächtnisse

Als Autor lauern überall Gefahren. Ich dachte, eine Leserschaft finden und ein wenig kommerziellen Erfolg haben, ist erstrebenswert. Das Überleben als Werk ist eine andere Liga.